Draftvarianten im Cube


2013 - 04 - 29
Silvio Wagner



Heute möchte ich mich mit einem Thema beschäftigen, das zwar nicht zwangsweise ein Cube-Thema ist (sondern ein allgemeines Limited Thema), wir aber ständig damit konfrontiert sind und ich gerne unsere Herangehensweise mit euch teile. Wenn man zusammenkommt um Cube zu spielen, ist man sehr oft nicht in der glücklichen Situation 8 Spieler für einen „richtigen“ Draft zu haben. Sei es, weil man gar nicht so viele Leute kennt, sei es weil die Spielsituation gar nicht den benötigten Platz anbietet. Was immer der Grund ist, in den meisten zumindest mir bekannten Fällen kommt eben kein 8-Mann Draft zustande und Spielen will man aber trotzdem. Wir haben dabei festgestellt, dass sich „normale“ Drafts bis 6 Personen gut abwickeln lassen, und mit etwas Augen zudrücken auch noch mit 5 Personen. Daher möchte ich mich nun auf den Umstand 2-4 Spieler konzentieren, denn da funktioniert ein „normaler“ Draft nicht mehr wirklich sehr gut.
Das einfachste zuerst, wenn sich (nur) 4-5 Spieler zusammenfinden um zu draften, dann stellen wir die Anzahl der Booster und die darin enthaltenen Karten um. Um nicht in Situationen zu landen, wo man nach 2-3 Picks keine „spielbaren“ Karten mehr für seine Strategie zu bekommen, haben wir verschiedene Modi getestet und dabei festgestellt, dass 5 Booster á 10 Karten am besten funktionieren. Würde man die korrekt gleiche Anzahl an Karten wählen, müsste man mit 5x9 spielen, allerdings kompensieren die 5 Extrakarten pro Mitspieler sehr gut die geringere Anzahl an Spielern. Es ist in jedem Fall besser als einfach nur zB. ein zusätzliches Booster mit 15 weiteren Karten zu verwenden. Man erhöht zwar die Kartenanzahl damit wesentlich, nicht aber damit automatisch die Qualität der Karten für seine Draftstrategie. Mit 5 Boostern hat man jedoch nicht nur mehr wichtige „First Picks“, auch das Thema Draftsignale geben und lesen wird viel wichtiger und damit der Draft auch anspruchsvoller.
Und bevor ich es vergesse, es ist natürlich auch die Anzahl der Karten entsprechend aufzuteilen. Einen 4 Personen Draft mit 5 Booster á 10 Karten (also 200 gesamt) teilen wir folgendermaßen auf:
• Jeweils 26 Karten in weiß, blau, grün, rot und schwarz
• 24 Länder
• 23 Artefakte
• 23 Multicolored Karten
Zusätzlich gibt es andere Draftformate, die vor allem für 2-3 Spieler geeignet sind und meiner Ansicht nach größeren Spielspaß bieten, als einfach nur einen Sealed Pool anzuwenden:

Fact or Fiction Draft


Diese Draftvariante bezieht sich auf die Karte „Fact or Fiction“ und funktioniert auch de facto gleich. Als Vorbereitung werden keine Booster präpariert sondern ein gemeinsamer Stapel aus X Karten. Auf die Kartenanzahl im Stapel kann man sich natürlich einigen, allerdings zeigt die Erfahrung, dass eine zu hohe Anzahl an Karten nur den Draft in die Länge zieht, die Decks aber nicht mehr verbessern, sondern eher das Gegenteil eintritt, man weiß oft danach nicht mehr, was man vor lauter Optionen spielen soll. Typischerweise nimmt man 5 Booster á 15 Karten pro Mitspieler an, bei zwei Spielern also 150 Karten. Der Stapel wird gut gemischt und der Draft kann beginnen.
Spieler A deckt 5 Karten auf und stellt Spieler B zwei Stöße zur Wahl zusammen. Spieler B nimmt einen davon und überlässt Spieler A den anderen. Dies passiert abwechselnd, bzw. bei mehreren Spielern reihum. Das klingt sehr einfach, es ist aber tatsächlich sehr schwer, sich in einem solchen Format durchzusetzen. Denn es stehen allen Spielern 100% der Karteninformation zur Verfügung, und es braucht viel Taktik und Geschick, an die gewünschten Karten für sein Deck heranzukommen. Oft ist es wichtig „Zugeständnisse“ zu machen und gerade zu Beginn kann man vor allem „unauffällige“ Karten durch eine geschickte Aufteilung gut „verstecken“. Klarerweise gibt es auch im Cube absolute Bomben, die meistens nur in einer 1:4 Aufteilung landen können. Aber selbst dann bekommt der andere Spieler immerhin 4 Karten als Kompensation. Diese Stöße sind aber klarerweise nicht jene, wo es um entsprechende Raffinesse geht. Vielmehr sind es die 3:2 und 2:3 Stöße, die den Draft richtig anheizen. Der Schlüssel für einen erfolgreichen Draft ist, dass man die Stöße, die man nicht aktiv aussuchen darf trotzdem so interessant wie möglich gestaltet.
Folgende „Skills“ sind für diese Draftvariante enorm wichtig:
• Man muss Karten gut in einer Wertigkeit zueinander, aber auch im Gesamtkontext des möglichen Decks evaluieren können.
• Man muss einschätzen können, wie gut seine Mitspieler darin sind. Gute Spieler muss man anderes locken als schlechtere Spieler. Im Grunde ist das wie mit einem „Bluff“ im Poker zu vergleichen. Der funktioniert ja auch nur, wenn der Mitspieler die Zeichen überhaupt versteht, und dann erst fängt das eigentliche Leveln an.
• Zu Beginn kann man zwar ausschließlich starke Karten nehmen um seine Optionen noch offen halten, es ist jedoch wichtig, sich schnell eine Deckstrategie zu überlegen und entsprechend zu handeln, um später nicht vor einem Kartenhaufen zu sitzen.
• Einladungen, in eine entsprechende Farbe zu gehen sollte man meistens annehmen um allen Spielern auch die entsprechende Route zu demonstrieren. Das ist durchaus mit Signalen eines normalen Drafts zu vergleichen.
• Nur in absoluten Härtefällen den „Hatepick“ machen. Tendenziell, vor allem wenn spielbare Karten für einen dabei sind, sind diese trotzdem die besseren für das eigene Deck (inklusive Sideboard Optionen!).
Wie würdet ihr folgenden Pool aufteilen? 
 
Zu allererst muss man hier natürlich einschränken und festhalten, wo man zeitlich gesehen im Draft steht, denn zu Beginn ist die Aufteilung hier viel klarer als im weiteren Verlauf und abhängig von vielerlei Informationen. Dann muss man feststellen, dass der Stoß von einer Karte extrem dominiert wird. Nehmen wir an, es ist der erste Stoß an Karten, dann kann die Aufteilung hier nur 1:4 lauten, nämlich Umezawa‘s Jitte gegen den Rest. Allerdings ist auch dieser „Rest“ schon ziemlich gut und kann ein Grundstein werden, rot zu besetzen. So gut Jitte allerdings auch ist, je weiter fortgeschritten der Draft ist, desto eher kann der Mitspieler hier möglicherweise auch schon abwägen. Nehmen wir an, der Großteil der Karten ist bereits bekannt, jeder sucht nur noch nach guten Playables, und man hat mitbekommen, dass der Mitspieler ist in einem langsamen Controldeck gelandet ist. Würde ein Controlspieler mit wenigen Kreaturen (vor allem wenigen billigen Kreaturen) hier Umezawa’s Jitte nehmen? Würde er es spielen, oder nur cutten? Hat er möglicherweise noch spielbare Optionen? Was will ich selbst für mich? Nehmen wir an, wir sind rot und aggressiv. Jitte wäre gut für uns, die beiden roten Spells aber möglicherweise noch besser für das Deck. Dann kann man überlegen, 2:3 zu legen zB. Umezawa’s Jitte + Azorius Signet vs. Farseek, Goblin Guide und Lightning Bolt. Mit der Intention dem Mitspieler Jitte anzubieten (obwohl er sie schwer spielen kann) und das Signet als Draufgabe, weil diese Karte sehr gut ist in seinem Deck. Nimmt er es nicht und cuttet die roten Spells, dann freuen wir uns über die Jitte und den Umstand, dass er mit dem Signet eine gute Karte weniger hat.

Eine Karte sticht hier jedenfalls schon mal heraus, und zwar Demonic Tutor. Zum Beginn eines Drafts wäre es allerdings nicht ratsam, diesen trotz seiner Power hier 1:4 zu legen, da man vier viel zu gute Karten dafür eintauscht, und niemand sagt, dass der Mitspieler gewillt ist, diese vier Karten für einen Tutor aufzugeben. Würde man so selbst den Tutor bekommen, ist das zwar nicht schlecht, aber man hätte schon auch gerne noch eine zusätzliche Karte dazu gehabt. Deswegen ist es zu Beginn durchaus ein Plan, hier gleich mal Farbfronten festzulegen, dh. Cryptic Command + Consecrated Sphinx vs. Demonic Tutor + Reanimate. Würde in dem Fall nicht nur Farben definieren, sondern überhaupt Archetypen, nämlich Ux Control vs. Bx Reanimator. Natürlich kommt hier der Umstand von Farbpräferenzen dazu, aber auch der Umstand, dass man es sich nicht aussuchen kann, und damit zumindest den besten Start für sich rausholen sollte. Das muss man schlichtweg akzeptieren. Cultivate sollte man entweder zu dem Pool legen, den man voraussichtlich bekommt um die Extra Karte zu kassieren (je nachdem wie gut man seine Mitspieler kennt), oder als „Angebot“ nutzen, wenn man den den Pool mit nur 2 Karten unbedingt haben will, und hoffen, dass dies der Mitspieler akzeptiert. Mit anderen Worten, will ich in diesem Fall unbedingt blau spielen kann man Cryptic Command + Consecrated Sphinx vs. Demonic Tutor + Reanimate + Cultivate legen, denn wenn man das blau trotzdem nicht bekommt, hat man einen sehr soliden Start und das Cultivate kann für Bx noch ungemein wichtig werden. Dies ist jedoch nur im Falle einer Farbpräferenz korrekt, eigentlich schaut das schwarz unfair genug aus, sodass aus Sicht der Power das Cultivate beim blauen Pool landen sollte.
Man muss nicht so aggressiv beginnen und könnte auch Demonic Tutor + Cultivate vs. Cryptic Command + Consecrated Sphinx + Reanimate legen, um dem Tutor nicht noch gleich eine weitere starke on-color Karte hinterherzuwerfen. Allerdings würde dann im weiteren Draftverlauf beim blauen Spieler schwarz durch das Reanimate immer einen Stellenwert haben, und man kommt zwangsweise in Situationen, wo man sich gegenseitig spielbare Karten wegnimmt. Und das ist für beide Parteien schlecht.
Man kann hier noch unendliche viele fiktive Situationen schaffen, worauf ich hinaus will ist, euch kurz näher zu bringen, wie strategisch und trickreich jeder Pick im Draft sein kann, abhängig von den Gegebenheiten und Einschätzungen. Tendenziell würde ich behaupten, der gesamte Draft wird durch die offene Karteninformation eher schwerer als leichter, was man natürlich nicht als Nachteil sondern als Herausforderung verstehen muss.

Winston Draft


Die Vorrausetzungen sind die gleichen wie schon beim Fact or Fiction Draft. Man beginnt mit einem gemeinsamen Stapel an Karten. Allerdings draftet man nicht „offen“, sondern startet mit 3 verdeckten Karten. Spieler A sieht sich die erste Karte an, nimmt er diese nicht, legt er eine Karte vom Stapel darauf und wechselt zum zweiten Stoß. Nimmt er diese nicht, legt er wieder vom Stapel eine Karte darauf und wechselt zum dritten Stoß. Entscheidet er sich für die Karte des dritten Stoßes, so legt er eine Karte vom Stapel anstatt hin (damit wieder 3 Stöße existieren), will er sie nicht, legt er wieder eine Karte vom Stapel darauf und zieht die nächste Karte vom Stapel. Spieler B macht danach das Gleiche, mit dem Unterschied, dass jeder Stoß nun um eine Karte gewachsen ist (außer dem Stoß der genommen wurde).
Das interessante an dieser Variante ist, dass man nicht mit 100% gleicher Information spielt. Jede Runde erzeugt erneut verdeckte Information, die zuerst mal nur ein Spieler sehen kann. Entscheidet sich ein Spieler für einen Stoß, dann ist dem anderen Spieler mindestens eine Karte davon unbekannt (nämlich die, die er selbst verdeckt darauf gegeben hat). Der Punkt ist jedoch, dass Stöße natürlich auch mit mehr unbekannten Karten wachsen können, z.B. weil Spieler A nie über den ersten oder zweiten Stoß hinaus kommt, Spieler B aber sehr wohl weiß, was im dritten Stapel bereits alles drinnen ist. Im Cube ist diese Variante auch deswegen so interessant, weil die Kartenqualität natürlich sehr hoch ist und man gewisse Karten bzw. Strategien regelrecht „suchen gehen“ kann, zumal die zufällige Karte vom Stapel, sollte nichts passendes in den Stößen dabei gewesen sein, ja immer eine potentielle Cubebombe sein kann.
Durch dieses hin und her ist es beim Winston Draft nichts ungewöhnliches, wenn manche Stöße auch mal 10 Karten oder mehr beinhalten.
Der Clou am Winston Draft ist nun, mit diesen „halben“ Informationen rauszufinden, in welchen Farben man sein soll und daraus Kapital schlagen. Denn dann kann man oftmals auch bewusst Karten liegen lassen und Stöße füttern, wenn man weiß, der Mitspieler ist daran nicht interessiert. Das gilt vor allem für den dritten Stoß, der tendenziell am wenigsten betrachtet wird (da durch die hohe Kartenqualität viele Entscheidungen bereits im ersten Stoß, spätestens aber im zweiten gefällt werden, bleibt der dritte Stoß viel zu oft unberührt).
Winston Draft ist weniger strategisch als Fact or Fiction, dafür kann er in einer 2-3 Spieler Situation einen „echten“ Draft am nächsten kommen. Ein Teil der Information ist für alle, ein anderer Teil nur für mich.
Folgende „Skills“ sind für diese Draftvariante wichtig:
• Kartenevaluierung: entgegen zur Fact or Fiction Variante, wo man mehrere Karten zueinander abwägen muss, geht es hier immer nur um eine neue Karte. Deswegen ist der Kontext sehr wichtig. Man sollte den Cube einigermaßen kennen um beurteilen zu können, ob die gesehene Karte im unteren oder oberen Drittel anzusiedeln ist, um eine Entscheidung herbeiführen zu können.
• Vorstellungsvermögen: man braucht sehr rasch einen Plan was man eigentlich machen will. Entgegen zum normalen Draft sieht man ja keine anderen Karten, um zu sehen, was so im Umlauf ist.
• Idealerweise realisiert man schnell, in welchen Farben der Mitspieler ist. Zu beobachten, welche Stöße dieser nimmt und welche er liegen lässt ist enorm viel Information. Zusätzlich kann man ihn durchaus mit gewissen Karten auch „ködern“ und hoffen, dass er „anbeißt“.

Abschließend ist zu sagen, dass ich persönlich die Erfahrung gemacht habe, beim Winston Draft letztendlich immer vor einem 3-5 farbigem Kartenhaufen zu sitzen. Das passiert automatisch, weil man ja viele Stöße mit vielen Karten bekommt, auch wenn man ursprünglich nur an einer Karte wirklich interessiert war. In jedem Fall sollte man daher Länder sehr hoch bewerten, da die Flexibilität ungemein wertvoll ist, und man viel zu oft noch in Strategien landet, die man eigentlich gar nicht vorgehabt hatte.

Grid Draft


Von dieser Variante habe ich erst unlängst gelesen, finde ich aber super spannend und abwechslungsreich. Auf eine gewisse Art und Weise ist es eine Mischung zwischen Fact or Fiction und Winston Draft. Man spielt zwar mit offenen Informationen, aber so ganz kann man sich dann doch nicht aussuchen was man bekommt.
Vom Autor empfohlen sind 18 Booster mit je 9 Karten (für 2 Personen). Man beginnt, in dem man alle Karten eines Boosters auflegt, und zwar in Form eines 3x3 Rasters. Die Anordnung der Karten sollte ohne „Wissen“ erfolgen, dh. entweder verkehrt auflegen und umdrehen, oder immer auf gleiche Weise auflegen und nicht anschauen. Dann nimmt Spieler A eine Reihe oder eine Spalte, danach Spieler B eine übrig gebliebene Reihe oder Spalte (ja, die kann bereits eine Karte weniger beinhalten!). Die restlichen Karten werden weggegeben. Spieler A und B wechseln sich in weiterer Folge mit den restlichen Boostern natürlich immer ab, und man landet zwischen 45 und 54 Karten am Ende eines Drafts.
Folgendes Beispiel kann euch die Komplikationen dieses Draftformats gut illustrieren. 
 
Soviel zur Theorie. In der Praxis beinhaltet dieser Drafttyp einen Umstand, den ich bei allen anderen Formaten nicht empfehlen kann, hier aber aufgrund der Rasterentscheidungen ein notwendiges strategisches Mittel darstellt: der Hatepick. Tatsächlich ist es so, dass man durch die 3x3 Matrix jede Menge Entscheidungsmöglichkeiten bekommt, und man immer eine Balance finden sollte, zwischen dem was einem nützt und dem, was dem anderen „weh“ tut. Das Spannende an der Matrix ist ja, dass man als Beginnender immer sieht, was dem anderen noch übrigbleibt, und man dies durch geschicktes Wählen einer entsprechenden Reihe oder Spalte gut manipulieren kann.

Damit hoffe ich, euch Anreize auch für kleinere Draftrunden gegeben zu haben, und melde mich mit einem Dragon’s Maze Cubeupdate wieder.
Bis dann,
Silvio






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